Mund- Kiefer- Gesichtschirurgie

Absolute Erhöhung des Alveolarfortsatzes durch körpereigenes oder Knochenersatzmaterial oder durch vertikale Kallusdistraktion.

Der Alveolarkammaufbau mit autologem Knochen hat sich nicht bewährt, weil es bald zur kompletten Resorption des implantierten Knochens kommt. In Kombination mit Dentalimplantaten sind die Erfolgsaussichten jedoch günstiger (s. dort).

Autologe und homologe Rippenknorpeltransplantate zeigen nach Implantation kaum Resorptionserscheinungen. Die Problematik liegt jedoch darin, dass Druckstellen der Prothese Perforationen der dünnen Schleimhautdecke verursachen können. Eine Spontanheilung ist nach einer Perforation nicht zu erwarten, weil der Knorpel kein Granulationsgewebe hervorbringen kann. Es kommt daher zu einer Infektion, die in der Regel zu einer Entfernung des Transplantats führt.

Bewährt haben sich die folgenden Methoden:

Aufbauende Alveolarkammplastik mit Knochenersatzmaterial

Hydroxylapatit-Keramik wird als Granulat verwandt. Die Granulatkörner werden unter der vom Knochen abgehobenen Schleimhaut-Periost-Decke eingelagert und bei der Wundheilung von Bindegewebe durchwachsen.

Nach Untertunnelung der Schleimhaut werden die Granulatkörner mit einer Injektionsspritze eingebracht. Dabei können Granulatkörner seitlich in den Mundboden oder in die Lippen- und Wangenweichteile disloziert werden.

Die Dislokation von Knochenersatzmaterial kann durch eine Voroperation mit Einpflanzung von Silastik-Implantaten oder durch Verwendung eines Vicryl-Schlauches vermieden werden. Die folgenden Verfahren haben sich bewährt:

Aufbauende Alveolarkammplastik mit vorgeformtem Implantatbett (Krüger):

Wird hauptsächlich im Unterkiefer angewandt, dessen Alveolarfortsatz dabei 10 bis 15 mm erhöht werden kann.

Aus Silastikmaterial werden zwei Implantate geschnitzt und einem Modell des Kiefers angepasst.

Im Rahmen einer Voroperation wird die Schleimhaut-Periost-Decke über dem Unterkieferknochen unter Schonung des N. mentalis abgelöst. Die vorbereiteten Silastikimplantate werden in den zwischen Knochenoberfläche und Schleimhaut-Periost-Decke geschaffenen Hohlraum eingelagert.

Nach zwei Wochen werden die Implantate entfernt. In das vorgeformte Implantatbett wird mit Hilfe einer Insulinspritze, deren Konus abgeschnitten wurde, Hydroxylapatit-Keramik-Granulat eingefüllt.

Aufbauende Alveolarkammplastik mit Hydroxylapatit im Vicryl-Schlauch im Unterkiefer (Härle)

Resorbierbare Vicryl-Schläuche sind mit Durchmessern von 6, 8 und 12 mm verfügbar.

Nach Untertunnelung der Schleimhaut-Periost-Decke wird ein Vicryl-Schlauch mit Hydroxylapatit-Granulat gefüllt, an beiden Enden zugebunden und zwischen Schleimhaut und Kieferknochen eingelagert.

Zur Vertiefung des Vestibulums und des Mundbodensulkus können zusätzlich perimandibuläre Haltenähte angelegt werden. 

Aufbauende Alveolarkammplastik mit Hydroxylapatit im Vicryl-Schlauch im Oberkiefer (Krüger)

Die Operation wird bei Schlotterkamm vorgenommen.

Aufspaltung und Aufblättern des Schlotterkamms. Zusätzlich Ablösung der angrenzenden vestibulären und palatinalen Schleimhaut-Periost-Decke.

Einlagerung eines mit Hydroxylapatit-Granulat gefüllten Vicryl-Schlauches und Naht der aufgeblätterten Schlotterkammanteile über dem Implantat.

Eine spätere Vestibulumplastik kann vorgenommen werden.

Aufbauende Alveolarkammplastik im Unterkiefer mit Hydroxylapatit-Keramik
Aufbauende Alveolarkammplastik im Unterkiefer mit Hydroxylapatit-Keramik
Aufbauende Alveolarkammplastik im Unterkiefer mit Hydroxylapatit-Keramik
Aufbauende Alveolarkammplastik im Unterkiefer mit Hydroxylapatit-Keramik
Normale Position nach sagittaler Spaltung der aufsteigenden Äste und Rückverlagerung
Normale Position nach sagittaler Spaltung der aufsteigenden Äste und Rückverlagerung
Fernröntgenaufnahme mit ausgeprägter Prognathie des Unterkiefers
Fernröntgenaufnahme mit ausgeprägter Prognathie des Unterkiefers

Alveolarkammplastik durch Verlagerung eines Alveolarfortsatzfragments

Sandwich-Plastik im Unterkiefer (Schettler):

Nach beidseitiger Tieferlegung des N. mentalis (s. dort) wird oberhalb des N. alveolaris inferior eine horizontale Osteotomie des anterioren Unterkiefers von der Region 36 bis 46 vorgenommen. Dabei wird ein an den Mundbodenweichteilen gestieltes Alveolarfortsatzfragment vom Unterkieferkörper abgetrennt und nach oben verlagert.

Zwischen Unterkieferkörper und dem nach oben verlagerten Alveolarfortsatzfragment wird ein Knochentransplantat oder Knochenersatzmaterial eingelagert, um dessen Höhe der Alveolarfortsatz verlängert wird.

Die Fixation erfolgt durch Miniplattenosteosynthese.

Nach Einheilung können Vestibulumplastik und Mundbodensenkung sowie die Implantation von Dentalimplantaten erforderlich werden.

Hufeisenosteotomie des Oberkiefers mit Interposition eines Knochentransplantats

Bei dieser Operation wird eine horizontale Osteotomie des Alveolarfortsatzbereiches mit Kaudalverlagerung vorgenommen. Zwischen Oberkieferbasis und verlagertem Alveolarfortsatzfragment wird Knochen oder Knochenersatzmaterial eingelagert.

Die Hufeisenosteotomie des Oberkiefers wird nach Entwicklung der Sinuslift-Operation heute kaum noch vorgenommen.

 

Aufbauende Alveolarkammplastik durch vertikale Kallusdistraktion

Nach den Erfahrungen mit der transversalen Kallusdistraktion des Unter- und Oberkiefers gibt es inzwischen auch eine vertikale Kallusdistraktion zur Augmentation des atrophischen oder nach Tumorresektion reduzierten Alveolarfortsatzes.

Nach horizontaler Osteotomie im Bereich des Kieferkamms wird ein an der lingualen oder palatinalen Schleimhaut gestieltes Knochensegment mobilisiert, das in Richtung Alveolarfortsatz verschoben werden soll.

Zur Fixation des mobilisierten Fragments gibt es ein implantatgestütztes Distraktionssystem. Die Distraktionsimplantate werden nach entsprechender Vorbohrung in dem beweglichen Fragment und im Kieferknochen verankert.

Alternativ werden auch Distraktoren mit Miniplatten zur Fixation eines Distraktors verwandt.

Nach einer Latenzzeit von vier Tagen wird mit der Distraktion begonnen. Täglich wird der Spaltraum zwischen den Fragmenten um 1 mm vergrößert. In dieser Weise lässt sich eine vertikale Augmentation von 8 bis 10 mm erreichen. Nach vier Wochen kann im Distraktionsspalt die neue Knochenbildung nachgewiesen werden.

Nach etwa drei Monaten können dentale Implantate implantiert werden.