Mund- Kiefer- Gesichtschirurgie

Klassifikation der Zahnverletzungen

Verletzungen der Zahnhartsubstanzen und der Pulpa:

  • Kronenfrakturen:

    • Schmelzabsprengung.
    • Schmelz-Dentin-(Zement-)Absprengung ohne Eröffnung der Pulpa.
    • Kronenfraktur mit Eröffnung der Pulpa.

  • Wurzelfrakturen:

    • Quer- und Schrägbrüche:
    • apikales Drittel.
    • mittleres Drittel.
    • koronares Drittel.
    • Längsbrüche.

  • Verletzungen der Wurzelhaut:

    • Stauchung (Konkussion).
    • Lockerung ohne Luxation.
    • Intrusion.
    • Partielle Luxation.
    • Laterale Luxation (mit Fraktur der Alveolenwand).
    • Vollständige Luxation (Exartikulation).

 

Symptomatik:

Verletzungen der Weichteile und der Gingiva. Kronenfrakturen, Verfärbungen der Zahnkrone (Pulpennekrose), Eröffnung der Pulpa, Stellungsänderungen der Zähne, Okklusionsstörung, Perkussionsempfindlichkeit der Zähne, Lockerungsgrad, Einbrüche der Alveolenwand. Vitalitätsprüfung.

Röntgenbefund: Bei Quer- und Schrägfrakturen der Wurzel elliptischer oder linearer Frakturspalt. Bei Luxation vollständig oder teilweise leere Alveole bzw. intrudierter Zahn. Längsfrakturen der Wurzel werden nur dargestellt, wenn sie in vestibulär-oraler Richtung verlaufen. Mesial-distale Frakturen sind nur zu erkennen, wenn die Fragmente gegeneinander verschoben sind.

Fehldiagnosen sind möglich, wenn sich eine Bruchlinie des Knochens über eine Zahnwurzel projiziert. 

Therapie:

Kronenfrakturen:

  • Bei nicht eröffneter intakter Pulpa Aufbau der fehlenden Substanz mit Compositematerial oder prothetische Maßnahmen.
  • Bei Pulpaeröffnung und intaktem Parodontium: Überkappung,  Vitalamputation oder Vitalexstirpation mit anschließender Wurzelfüllung.
  • Bei traumatisch geschädigtem Parodontium: Extraktion.

Wurzelfrakturen

Fraktur im koronaren Drittel:

  • Entfernung der Krone und Eingliederung eines Stiftzahns.
  • Liegt die Frakturstelle im subgingivalen Bereich, so kann die Wurzel durch orthodontische Maßnahmen soweit extrudiert werden, dass die Eingliederung eines Stiftzahnes möglich wird.

Fraktur im mittleren und apikalen Drittel bei vitalem Zahn:

  • Schienenverband für sechs Wochen. Erweist sich der Zahn nach Abnahme der Schiene als fest und vital, kann man damit rechnen, dass er noch lange erhalten bleibt, auch wenn der Frakturspalt im Röntgenbild weiterhin zu erkennen ist.
  • Fällt die Vitalitätsprüfung nach Abnahme der Schiene negativ aus, so kommt eine Wurzelbehandlung in Frage, vorausgesetzt, dass der Zahn fest und das Parodontium intakt ist.
  • Sind entzündliche Veränderungen erkennbar, so ist die Extraktion angezeigt.

Fraktur im mittleren Drittel bei devitalem Zahn:

  • Ausräumung der Pulpa und intradentale Schienung mit zusätzlicher transdentaler Fixation durch einen Metallstift.
  • Verschraubung der beiden Wurzelteile mit einer Spezialschraube unter Kompression (Luhr).
  • Fraktur im apikalen Drittel bei devitalem Zahn:
  • Entfernung des apikalen Fragments.
  • Wurzelspitzenresektion.

Längsfraktur der Wurzel:

  • Extraktion.
Wurzelfraktur eines vitalen Zahnes
Wurzelfraktur eines vitalen Zahnes
Raucherleukokeratose am Gaumen
Raucherleukokeratose am Gaumen

Wurzelhautverletzungen

Stauchung:

  • Herausnahme aus dem Kontakt durch Einschleifen.

Lockerung ohne Luxation:

  • Schienung.

Intrudierter Zahn:

  • Versuch einer Einstellung durch orthodontische Maßnahmen. Gegebenenfalls operative Entfernung.

Zahnluxation:

  • Der Erfolg einer Zahnreplantation hängt im wesentlichen von der Vitalerhaltung des Wurzelhautüberzuges auf der Zementoberfläche ab.
    Hat sich der Zahn länger als 90 Minuten außerhalb der Mundhöhle befunden, so muss mit einer Nekrose des Wurzelhautüberzuges gerechnet werden. Nach Replantation heilt ein solcher Zahn in der Regel zunächst ein. Die Wurzel wird jedoch innerhalb von 2 bis 3 Jahren resorbiert und knöchern substituiert, wonach die Krone schließlich abbricht. Die Replantation eines Zahnes mit eingetrockneter Wurzelhaut ist daher nur sinnvoll, wenn ein kurzer Zeitraum überbrückt werden soll.
    Bei vitalem Wurzelhautüberzug ist mit einer längeren Erhaltungsdauer zu rechnen. Am günstigsten ist die Aussicht auf einen Langzeiterfolg bei unvollständiger Luxation, weil der luxierte Zahn nicht selten noch partielle Verbindungen mit dem Zahnfach und dem Gingivalsaum besitzt und die Vitalität des Wurzelhautüberzuges der Zahnwurzel erhalten bleibt.
    Bei geringer Dislokation kann sogar noch die Vitalität erhalten sein. Bei genügend weitem Foramen apicale besteht auch die Möglichkeit einer Revitalisierung der Pulpa.
    Folgende Maßnahmen sind bei der Replantation erforderlich:

    • Reposition des Zahnes.
    • Fixation durch einen Schienenverband für etwa 6 Wochen.
    • Röntgenkontrolle.
    • Vitalitätsprüfung in regelmäßigen Abständen.
    • Bleibt eine Revitalisierung aus, so ist eine Trepanation mit anschließender Wurzelbehandlung und Wurzelfüllung erforderlich.

Milchzahnluxation:

Eine Replantation luxierter Milchzähne sollte zur Vermeidung von Wachstumsstörungen bis zum 4. Lebensjahr vorgenommen werden.

Zur Fixation wird die Kunststoff-Kappen-Schiene (siehe Grundsätze der Frakturbehandlung im Kieferbereich) empfohlen. Gegebenenfalls müssen zusätzlich perimandibuläre Drahtumschlingungen (siehe Frakturen des Unterkiefers) oder Jochbogenaufhängungen (siehe Mittelgesichtsfrakturen) angelegt werden.

Da bei Milchzahnluxationen auch die bleibenden Zähne geschädigt sein können, sind regelmäßige Kontrolluntersuchungen notwendig, damit der richtige Zeitpunkt für eine kieferorthopädische Behandlung nicht verpasst wird.

Unvollständige Luxation der Zähne 21, 22
Unvollständige Luxation der Zähne 21, 22
Situation nach Reposition und Schienung
Situation nach Reposition und Schienung